
Die Aufgabe des Rückenmarks besteht darin, Informationen zwischen dem Gehirn und dem Rest des Körpers zu übertragen, indem es Strukturen des zentralen und peripheren Nervensystems miteinander verbindet. Eine Schädigung des Rückenmarks kann durch eine Verletzung oder eine Erkrankung verursacht werden. Es kann sich um eine traumatische Verletzung (Unfall, Sturz, Gewalteinwirkung usw.), eine Schädigung durch eine infektiöse, vaskuläre oder entzündliche Erkrankung (Meningitis, Multiple Sklerose usw.) oder einen Tumor handeln, der das Rückenmark komprimiert.
Je nach Schädigung sind bestimmte Verbindungen gestört und die entsprechenden Funktionen beeinträchtigt. So kann es bei einer Querschnittlähmung zu einem Verlust der Bewegungsfähigkeit und/oder des sensorischen Empfindens unterhalb der Läsionshöhe in Form einer Paraplegie (Lähmung der Beine und manchmal des Rumpfes) oder einer Tetraplegie (Lähmung der Arme, des Rumpfes und der Beine) kommen.
Patientinnen und Patienten mit besonderen Bedürfnissen
Menschen mit Querschnittlähmung haben spezifische Beeinträchtigungen. Einige sind sichtbar, z. B. motorische Störungen, bei denen es schwierig ist, Arme und/oder Beine zu bewegen. Andere sind nicht sichtbar, wie z. B. Störungen des sensorischen Empfindens. Es gibt auch weniger bekannte Beeinträchtigungen, wie z. B. Störungen im Darm-, Harn- oder Genitalbereich. Die komplexen Symptome, die mit einer Schädigung des Rückenmarks einhergehen, erfordern eine hochspezialisierte Langzeitbehandlung.
Dr. Etienne Aleton, Leitender Arzt der Universitätsabteilung für Neurorehabilitation und Facharzt für Physikalische Medizin und Rehabilitation, hat die Einrichtung dieser neuen Paraplegiologie-Sprechstunde mit dem Schweizer Paraplegiker-Zentrum (SPZ) koordiniert. Er erklärt, warum diese Patientinnen und Patienten eine spezialisierte Betreuung benötigen: « Die Auswirkungen einer Rückenmarksverletzung auf den Gesundheitszustand der Patientinnen und Patienten sind vielfältig und bedürfen einer hochmodernen Betreuung, um Unabhängigkeit und Lebensqualität zu erhalten. Bei unsachgemässer Versorgung besteht die Gefahr von Komplikationen, insbesondere von Infektionen oder Hautschädigungen wie beispielsweise Druckgeschwüren, die mitunter lebensbedrohlich sind. »
Hochmoderne ambulante Versorgung vor Ort
Um eine hochmoderne Versorgung zu bieten, haben das CHUV und das SPZ im Laufe des Jahres 2024 eine Vereinbarung unterzeichnet und kurz darauf die ersten Paraplegiologie-Sprechstunden angeboten. Luca Jelmoni, Direktor des SPZ, ist darüber hocherfreut: « Wir sind stolz darauf, mit der Universitätsabteilung für Neurorehabilitation am CHUV zusammenzuarbeiten, um dieses spezialisierte Versorgungsangebot bereitzustellen. Die Entwicklung und das Angebot einer ambulanten Paraplegiologie-Sprechstunde ist unerlässlich, um eine umfassende Betreuung der physischen, physiologischen, emotionalen, mentalen und sozialen Aspekte von Patientinnen und Patienten mit Rückenmarksverletzungen in der Westschweiz zu gewährleisten. Ein Vorteil dieser Zusammenarbeit ist die Bündelung der spezialisierten, französischsprachigen Pflege innerhalb des CHUV, wodurch den rückenmarksverletzten Patientinnen und Patienten die zahlreichen Fahrten in unsere Einrichtung in Nottwil im Kanton Luzern erspart bleiben. Nur die rehabilitative Erstversorgung wird nach wie vor in Nottwil durchgeführt. »
« Die Zusammenarbeit zwischen den Ärzte- und Pflegeteams von SPZ und CHUV gewährleistet die Kontinuität der Pflege und garantiert so eine optimale langfristige ambulante Versorgung unserer Patientinnen und Patienten, die nicht mehr so viele Fahrten wie früher auf sich nehmen müssen », ergänzt Dr. Aleton.
Das bedeutet konkret, dass ein Team von Therapeuten des SPZ (vier Physiotherapeuten und vier Ergotherapeuten, die sich abwechseln) regelmässig ins CHUV kommt, um diese multidisziplinäre ambulante Sprechstunde anzubieten. Sie findet an drei Tagen im Monat statt und umfasst zwei Phasen. Zunächst trifft sich die Patientin oder der Patient einmal mit den versammelten Spezialisten, um ihre/seine Bedürfnisse und Erwartungen darzulegen. Anschliessend erhält sie/er eine individuelle Beratung mit jedem einzelnen Spezialisten. Zwei Fachärzte sind für diese Konsultation zuständig: Dr. Aleton auf Seiten des CHUV und Dr. Ruijgrok auf Seiten des SPZ. Die Verfügbarkeit der Pflegekräfte von ParaHelp ermöglicht darüber hinaus eine Betreuung zu Hause, sofern dies angebracht ist.
Dank dieser multidisziplinären Zusammenarbeit können Patientinnen und Patienten mit Rückenmarksverletzungen in der Westschweiz künftig gleichzeitig von der Expertise des SPZ und des SUN im Hinblick auf eine spezifische Beratung und Unterstützung, von einer geschützten Umgebung, von den Fachabteilungen eines Universitätsspitals sowie von einer eventuellen Betreuung durch ParaHelp im Spital und zu Hause profitieren. Die Nutzung des SPZ-Netzwerks erleichtert darüber hinaus den Zugang zu geeigneten Sportangeboten, zu Architekten, die auf Wohnraumgestaltung spezialisiert sind, oder auch zu Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern, die den Kontakt zu den Sozialversicherungen vereinfachen.
Langfristig können in dieser gemeinsamen ambulanten Sprechstunde von SPZ und SUN jährlich etwa 200 Patientinnen und Patienten mit Rückenmarksverletzungen im CHUV betreut werden.
Auskünfte
Kommunikationsabteilung des CHUV: medias(at)chuv.ch +41 79 556 60 00
Kommunikationsabteilung des SPZ: medien(at)paraplegie.ch +41 41 939 62 80
Auskunft für Patientinnen und Patienten
Besuchen Sie die Website der Paraplegiologie-Sprechstunde